Schon das letzte Album ‚Urbärglieder‘ von Fräkmündt war eine absolute Ausnahmeerscheinung. Natürlich gibt es, sowohl aus dem Dunstkreis von Fräkmündt (z.B. Sturmpercht) als auch völlig unabhängig andere Bands, die den Weg des Ur-Folks eingeschlagen haben, aber Fräkmündt sind herausragend.
Dabei ist Thematik, Musik, Instrumentierung und Inhalt nicht unbedingt das, was man auf den ersten Blick mit moderner, alternativer Musik assoziieren möchte. Es wurden und werden Geschichten erzählt, die aus den Volkssagen und Legenden der Schweizer Alpen stammen, dazu passend wird auf alemannisch gesungen und erzählt. Die Instrumentierung besteht zwar auch aus Schlagzeug und Gitarre, aber eben auch aus Hörnern, Drehleiern, Akkordeon, Flöten, Kuhglocken sowie allem das den Ureinwohnern beim gemeinsamen Musizieren in die Hände fiel.
Dementsprechend außergewöhnlich ist der Klang der Musik. Dazu passt auch, dass der Gesang ganz normal ist, so wie es nun einmal klingt, wenn Du und ich Geschichten erzählen oder am Lagerfeuer singen. Ein Streben nach moderner Klang-Perfektion passt zu dieser Musik nicht – das Ergebnis klingt dafür so unglaublich lebendig, echt und traditionsgerecht, das man nur staunen kann. Man höre sich nur den versoffenen Rausschmeißer ‚Senged Suufed Tanzed Woued‘ an – eine Übersetzung braucht wohl niemand um das zu verstehen.
Alle Stücke verströmen einen gewissen schrägen volksmusikalischen Charakter – aber eben den echten, der von dem, was in Deutschland sonst ‚Volksmusik‘ genannt wird weiter nicht weg sein könnte. Alles ist authentisch, faszinierend, mitreißend. Im Gegensatz zum Vorgänger wurden auf überlange Märchenstunden wie ‚De Stier von Uri‘ verzichtet, alle Stücke sind instrumentiert, reine Geräuschelemente sind nicht mehr vorhanden – nicht dass das schlecht gewesen wäre, aber zur Durchhörbarkeit des gesamten Albums trägt es entscheidend bei. Die Männer- und Frauenchöre sind noch dominanter, viele Choräle und Refrains sind mehrstimmig. Anneli von Eluveitie sollte man wohl mittlerweile Anneli von Fräkmündt, die auch bei Eluveitie spielt nennen, da sie die Stücke mit ihrer Drehleier dominiert.
Neben eingängigen, wunderschönen und ziemlich melancholischen langsamen Stücken wie ,Chomm Domini, s’esch Zyt‘ sind es vor allem die beiden vorab bekannten Stücke ‚Tanzlaubehond‘ und ‚D’Draachejongfer‘, die überragen.
Gerade ‚D’Draachejongfer‘, mit dem Fräkmündt leider in der allerletzten Runde des Schweizer Ausscheids zum Eurovision Song Contest gescheitert sind ist ein Stück von Intensität und Schönheit, vielleicht sogar vor allem aufgrund des ungewöhnlichen weiblichen Gesanges. ‚Tanzlaubehond‘ zwingt einen sofort auf die Beine und zum mitbewegen.
Beispielsweise dazu mal die Thematik: Die ‚Tanzlaube‘ war eine größere, offene Holzhütte in der Nähe der Kirche der Dörfer, in dem sich das Dorfvolk nach der Messe traf, um in Ermangelung von Zeitungen bzw. Menschen die diese lesen konnten Informationen auszutauschen; die Bauern der höher gelegenen Almen die selten ins Dorf kamen konnten dort Handel treiben (oder um die hübschen Mädels der anderen Bauern werben). Ein Modellbeispiel für die Geschichten, die Fräkmündt auf ‚Heiwehland‘ erzählen.
Kurzum: In der modernen Welt der alternativen Musik gibt es keine Band, die so einzigartig ist wie Fräkmündt.
[Quelle: Whiskey-Soda.de]
Diesen Artikel haben wir am 07.03.2012 in unseren Katalog aufgenommen.